Die erste Zusammenarbeit des MUSEUMS FÜR MODERNE KUNST MÜNCHEN mit einem Ausstellungsinstitut der modernen Kunst 1994. Diese Karte wurde in einer Blitzaktion produziert und an etwa 12.000 Personen versendet. Die Karte wurde von sechs Mitarbeitern, zwei aus Stuttgart, in München in vier Tagen eingetütet und an die gesamte Adressenliste des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart versendet. Eine Karte von großer Wirkung bis heute. Der Text wurde 2010 leicht erweitert, d.h. ist wie eine zweite Fassung aufzufassen. Erste Fassung siehe oben den unbearbeiteten Scan der Textseiten 2 und 3.
MITTEILUNG DES
MUSEUMS FÜR MODERNE KUNST
MUSEUMSPLATZ 5, 81673 MÜNCHEN
TEL. 089/ 431 52 23
(BIS 2014 NUR IM INTERNET
WEGEN UMBAU BIS 2014 GESCHLOSSEN)
EIN KUNSTVEREIN IM VERGEHEN
Es spricht:
Friedrich Hölderlin
am Freitag, den 25. Nov. 1994 um 20 Uhr
zum Thema:
Die gegenwärtige Not
des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart
im Gasthof zur Einfalt
Hölderlinstraße 119, 76543
Tel. 0711/ 240 90 86
1. Auf Leben und Tod, aber –
…
Sein Ansehen strahlt herrlich weltweit und anerkannt –
Auch eine lange Tradition seine Sprache
Und bestimmt und ausgeglichen begleitet den Wanderer
Am prachtvollen Weg zurück. Hier und dort.
Aber, doch ach! Wo eine Gefahr am Horizont,
Dem finster Umwölkten! eine tödliche sich öffnet.
O Stuttgart! Du verlierst mit ihm und seinem möglichen End
Ein lebendig Herz, eine göttliche Stätt und dies in einem,
Wenn ihr Euch nicht wehrt, zusammen,
Jetzt Ihr Mitglieder! – dem diebischen Räuber. Aber wie?
Und schont eure Zeit, was ihr jetzt nicht könnt.
2. Besucher kommen aus Nah und Fern,
Von überall her und Fremdländisches;
Auch ein echter Wirtschaftsfaktor, wie alles, was Geist ist
Bringt zum Erblühen eine Welt, für die Stadt
Eine goldne Ader in diesem einzigen Punkt –
Wie das selbstvergessne Spiel der Kinder,
Wo eins zum andern locker sich fügt
Und eine Hoffnung für viele,
Doch keiner weiß und kennet den Reichtum.
3. Doch welcher rauhbetastende Unhold –
Skrupellos und heimtückisch, mit dunklen Machenschaften,
Im Hintergrund wühlend und bereits heftig drohend,
Trickreich und planend –
Will aus krankhaftem Ehrgeiz und Selbstsucht,
So seine niedrigen Gründe, ein Intaktes zerstören,
Das Nichtsahnende? – und Schaden zufügen der Stadt und mir.
Er glaubt, sie merken es nicht, die Benutzten drunten.
Was aber eine Erinnerung ist,
Wo Papier noch in tausend Jahren redet.
Doch welches?
Über die Kunst, narzisstisch mit dem Hasen und gespiegelt,
Kaufen werden wir es nicht, die zerlegte Buntheit in Teilen.
Es läßt sich nicht Teilen;
Und er teilt seine Macht nicht. Was ich häufig anschaue,
Wenn ein Dichter seine Worte reiht.
…
Zu Tode bringen will er das Schöne, bestialisch der Schinder,
Der Kummer! Der Neid,
Was wir nicht sehen.
Das Wasser abgraben; gekürzt der Etat soll
Erheblich, so dass nur noch bleibet
Ein klappernd Totengeripp – o Stuttgart!
Deine Wissenschaft der Kunst!
Von nun an handlungsunfähig und gelähmt
Vom langsamen Gift;
Von 1,3 Mio auf nur blanke 600 tausend Mark,
Dann, drittklassig, übernommen leichter kann er – werden.
Dies, die freche Absicht, das Ziel …
Des Unberechenbaren –
Und sie alle,
Wenn man ihn läßt, merken –
Wär´s dann endlich soweit,
Aber dann trauen sie ihren Augen nicht, später und schal,
Wenn es in den leeren Wüstensand spur- und sprachlos,
Von einer Entscheidung zur andern …
Durch seine haltlosen Hände das Kostbarste Versickert
Ohne Geschichte
In kalter Nacht, wo Fackelträger geduldig harren.
Des Menschen leichtsinnige Natur straft seine Unmittelbarkeit,
Sein Werkzeug – und diese Geschichte.
Die Belanglosen.
4. Die Kunst – und Stuttgart verlieren –
Und ein allgemeines auch.
Denn sie wächst nur dort, wo ein liebend Herz,
Der Äther
…
Und es auch in Stuttgart
Schlägt nur im Kunstverein – dort für die Kunst so!
Wie in Griechenland.
Denn nur ein Kunstverein hier vermittelt Welten
Nach innen und außen – zugleich in einem Einzigen!
Und nichts Städtisches sonst; doch schwer ist es zu halten
Das große Glück auf der Kugel, das Maß.
5. Ei! Ich sag´s Euch bestimmt,
Doch wenn ihr nicht handelt,
Müßt Ihr erfahren und erdulden die lange Zeit
Nach hartem Gesetz, wo der Geist nicht mehr ist;
Und gerissen das vorsichtige Band;
Vergessen und verloren und kein Jammern hilft.
Jetzt nennen sie´s das Heilige – Das Wortgespött
Und erkennen die Mitte nicht, die keine mehr ist,
Aber eine Zeit ist dieses Alter auch und ergänzt …
Einmal verjagt, kehrt er nicht mehr zurück.
Und sehen wird man Euch lange ebenso – nicht mehr.
Wo er einmal war.
…
Geht in andere Städte, dort werdet Ihr’s sehen
Wo ein bloß Städtisches, aber kein Kunstverein ist,
Zerstreut und nichts mehr Eines
Den dürftigen Tag beendet,
Doch tief drunten reifet die Zeit.
Wo nichts ist …